Poesieblog

  • Lieber Herr Papst, …

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Donnerstag, 22.09.2011 in Politisches · 2 Kommentare

    Der Papst kommt in meine Heimatstadt Erfurt. Happiness und Heiligkeit für elf Millionen Euro.

    ... ein gigantisches Event hast Du da eingerührt. Schlau schlau, das muss ich Dir lassen. Happiness und Heiligkeit für elf Millionen Euro. Willst wohl gar den wilden Osten missionieren? Fühlst Dich schon wie Bonifaz? Die Länder des Südens hat ja Dein Vorgänger abgegrast, da ist nicht mehr viel zu holen. In Thüringen jedoch warten 1,5 Millionen Konfessionslose aufs Massentaufen, dazu noch eine halbe Million Protestanten, potentielle Konvertiten. Ein Bundesland mit 70 Prozent Ungläubigen - da geht noch was. Da ist noch Potenzial. Da klingelt’s im Geldbeutel. Schließlich kommt Euch hierzulande schon seit Jahren die Zielgruppe abhanden. Wenn du Dich da mal nicht verrechnet hast. Die meisten Einheimischen werden wie ich einen großen Bogen um den heiligen Hexenkessel schlagen. Mir ist es nicht geheuer, wenn Schwarmintelligenz das Ruder übernimmt. 74.000 verzückte Gläubige! Gemeinschaft! Urlaub von der Diaspora! Wir sind Papst! Das berauscht, das euphorisiert, das könnte sogar mir die Tränen in die Augen treiben. Gegen den Sog der Masse ist man hilf- und machtlos. Da bleibt man lieber weg. Ohnehin wirst Du mich nicht überzeugen. Mich interessiert nicht, ob Gott existiert, ob als Er oder Sie und was nach meinem Tode passiert. Für mich ist wichtig, woran ich mein Leben ausrichte. Jedenfalls nicht an einem Vaterunser mit Alleinvertretungsanspruch, kontrollierend, frauen- und leibfeindlich, intolerant. Der ein Lebensgefühl vorgibt, das auf Schuldgefühlen basiert und der daraus die Forderung nach Selbstverleugnung ableitet. Auch Deine Amtskirche wirkt auf mich alles andere als anziehend. Verdrängte Sexualität und Macht, eine unheilige Allianz. Missbrauch, Frauenhass, Homophobie. Gottes Werk geschändet. Und wie erklärst Du doch gleich das Verbot von Abtreibung nach einer Vergewaltigung, Verhütung und Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten wie Aids? Oh ja, gute Presse hast Du bitter nötig nach den Skandalen des letzten Jahres, von denen jetzt niemand mehr spricht. Veranstaltest Du deshalb dieses Riesengedöns bei uns? Um die Erinnerung an die Vergewaltigungen und Übergriffe Deiner Priester und Diakone mit Weihrauchschwaden zu vernebeln, mit Euphorie zu übertünchen? Wie kann Gnade so gnadenlos sich zeigen? Wie aus einer wackligen Angelegenheit wie dem Glauben eine Institution wachsen, die so gewaltsam gegen Andersgläubige und Abweichler vorgeht, gegen Juden, Katharer, Moslems, Kulturen in Übersee oder Hexen beiderlei Geschlechts? Und die vor Missbrauch und Gewalt aus den eigenen Reihen die Augen fest zudrückt? Ich weiß, du hast solche Argumente schon oft gehört, genau wie die um den Zölibat und die Frauenpriesterschaft. Dass die Inquisition schon ein paar Jahre her ist, weiß ich auch. Aber hast Du Dich schon mal gefragt, warum das alles immer wieder aufs Tapet gebracht wird? Du bist Dein Amt, Herr Papst. Du repräsentierst 2000 Jahre Kirchengeschichte. Wird Dir davon nicht manchmal warm unter Deinem Prunkgewand? Ich bin kein Kind mehr. Deshalb will ich Deinen Gottvater nicht. Ich finde, bevormundet uns, hält uns klein, unmündig und abhängig. Das lädt ein zum Missbrauch. Wir sind alt genug, erwachsen zu sein, das Patriarchat hat sich längst überlebt, Herr Papst, das Matriarchat übrigens auch, jetzt müssen wir uns aus der Herrschaft der Eltern lösen, der dominatio parentum, und ja, auch Atheisten können Latein. Wir schwirren herum wie aufgescheuchte Fledermäuse und suchen nach dem Sinn. Was, wenn wir ihn uns selbst geben müssen? Es wird Zeit, Verantwortung zu übernehmen für uns und alles, was uns umgibt. Und zuzulassen, dass andere Verantwortung tragen. Nicht, weil uns das jemand vorschreibt, eine Autorität, ein Vater. Sondern weil es gut und vernünftig ist. So einfach ist das. Dieser Brief ist im aktuellen Papstdossier der Zeitschrift Publik-Forum zu finden. Ich verdrücke mich, ganz weit weg: zur Preisverleihung nach Grenz/Randowtal. Auwiehö!
  • Totsaniert

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Mittwoch, 06.07.2011 in Energiepolitik, Politisches

    Die Sanierungs-Mafia ist wieder unterwegs, diesmal unter dem Deckmäntelchen der Energie-Effizienz. Schließlich ist am Stadtumbau viel Geld zu verdienen - wieder mal. Was zählen da Zeugnisse der Architekturgeschichte, reich verzierte Gründerzeit-Fassaden oder Bauhaus-Eleganz?

    Die Sanierungs-Mafia ist wieder unterwegs, diesmal unter dem Deckmäntelchen der Energie-Effizienz. Schon in den Neunzigern, als über die Ostberliner Kieze die Massensanierungen mit anschließender Umstrukturierung und Vertreibung vieler Alteingesessener hereinbrach, war die Verbesserung des Öko-Standards eines der Totschlag-Argumente für Mieter, die alte Kastenfenster behalten wollten oder gar ihre Kachelöfen - und dafür weniger Miete zahlen wollten. Denn schließlich: Wir sind doch alle für den Umweltschutz! Oder wollen Sie etwa den Klimawandel nicht aufhalten? Hinter Argumentaten wie diesen verbergen sich wie in den Neunzigern knallharte finanzielle Interessen. Schließlich ist am Stadtumbau viel Geld zu verdienen - wieder mal. Was zählen da Zeugnisse der Architekturgeschichte, reich verzierte Gründerzeit-Fassaden oder Bauhaus-Eleganz? Einen guten Artikel zum Thema energetische Sanierung fand ich hier.
  • EHEC-Panikmache

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Dienstag, 07.06.2011 in Politisches

    Die E-Coli-Bakterien, die für die EHEC-Fälle verantwortlich sein sollen, leben im menschlichen Darm in Symbiose mit uns. Ihre Entartung hat eher mit der industriellen Produktion von Lebensmitteln zu tun: Massentierhaltung mit intensiver Gabe von Medikamenten, Devitalisierung der Pflanzen und der allgemeinen Schwächung der menschlichen Abwehrkräfte. Doch wer weiß, ob nicht alles sowieso ganz anders ist. Da hilft nur: Mehr Bio-Gemüse. Gut waschen. Kritisch bleiben!

    Die E-Coli-Bakterien, die für die EHEC-Fälle verantwortlich sein sollen, leben im menschlichen Darm in Symbiose mit uns. Ihre Entartung hat eher mit der industriellen Produktion von Lebensmitteln zu tun: Massentierhaltung mit intensiver Gabe von Medikamenten, Devitalisierung der Pflanzen und der allgemeinen Schwächung der menschlichen Abwehrkräfte. Doch wer weiß, ob nicht alles sowieso ganz anders ist. Da hilft nur: Mehr Bio-Gemüse. Gut waschen. Kritisch bleiben! Einen interessanten und aufschlussreichen Artikel fand ich im Freitag: Quelle Grundwasser? Einen Überblick über kritische Beiträge zum EHEC-Thema findet sich auch unter spiegelblog.net
  • EHEC und die Medien

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Dienstag, 07.06.2011 in Politisches

    Welche Rolle übernehmen die Medien bei der EHEC-Panikmache?

    Welche Rolle übernehmen die Medien bei der EHEC-Panikmache? Ein Beitrag im NDR-Magazin ZAPP. Besser kann ichs nicht recher- und formulieren
  • Braune Regionalblätter

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Dienstag, 17.05.2011 in Nazis in Thüringen, Politisches

    Infos zum Thema rechte und halbrechte Blätter in Thüringen und bundesweit

    Stadtecho
    Stadtecho

    Die Neonazis in Thüringen rüsten zum Sturm gegen die "System-Journaille". Neun verschiedene kostenlose Blätter, die den Menschen ungefragt in die Briefkästen flattern, verteilt die NPD derzeit, gab sie heute bekannt. Mit einer Gesamtauflage von 170.000 Exemplaren liegt die NPD allerdings unter der angekündigten Auflage von 200.000. Wer mehr zu dem Thema wissen will: Nazipostillen Und dieser hier, etwas aktueller, zeigt ebenfalls Verwicklungen zwischen rechten Akteuren und den scheinbar harmlosen Regionalblättchen.

  • Strom sparen

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Montag, 21.03.2011 in Energiepolitik, Politisches

    Ja, ich gebe zu, wir überlegen auch, uns eine Geschirrspülmaschine anzuschaffen. Das heißt, sie steht bereits da, aber wir zögern noch. Ich bin nämlich dagegen, dass immer mehr Alltagsverrichtungen nur noch mit Strom funktionieren: lesen, schreiben, abwaschen, aufs Klo gehen... Auch warmes Wasser oder eine Heizung braucht man nicht überall und ständig. Auf vieles können wir verzichten. Wir müssen weg vom Überall-und- immer-Luxus. Solange wir nicht umdenken und unseren Stromverbrauch drastisch einschränken, und zwar jeder und jede, kommen wir nicht los vom Atomstrom. Es reicht nicht, nur eine Energieerzeugung durch eine andere zu ersetzen. Dann nämlich verheizen wir unsere Lebensgrundlagen. Guter Artikel dazu auch im FAZ-Blog von Don Alfonso
  • Katastrophe in Japan: Infos

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Mittwoch, 16.03.2011 in Energiepolitik, Politisches

    Informationen und Hilfsangebote zur Katastrophe in Japan

    Informationen: Seismoblog --------------------------------------------------------------------------------------------- Aufruf von Sandra Uschtrin (Herausgeberin der Federwelt) vom 16. März 2011 Liebe Autorinnen und Autoren, Heute gibt es eine Bitte von mir, den folgenden Aufruf zu lesen, den ich eben auf meiner Facebook-Seite gepostet habe: japankinder+ Ich möchte 1 japanisches Kind + seine Mutter oder seinen Vater einladen, bei mir zu leben. Ich bezahle den Flug und den Aufenthalt. Lasst uns nicht länger vor unseren Fernsehern warten! Lasst uns wenigstens die Kinder von der Insel retten. Mit Flugzeugen und Schiffen. JETZT! Und nicht erst wenn alle verstrahlt sind. Morgen beginnt die Leipziger Buchmesse. Wir sind eine Kulturnation - zeigen wir es! Wir haben das social web - zeigen wir, wie social wir sind! Also: Wohin kann ich das Geld für den Flug überweisen? Wann kann ich das Kind und seine Begleitperson wo abholen? Bitte mal auf "gefällt mir" drücken und dann die Ärmel hochkrempeln! Ich habe selbst zwei Kinder. Daher. Sandra Uschtrin --- Uschtrin Verlag Taxisstr. 15, 80637 München fon: 0 89 / 15 98 01 66, fax: 0 89 / 15 98 01 67 info@uschtrin.de, www.uschtrin.de, http://www.federwelt.de
  • Wikileaks

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Dienstag, 22.02.2011 in Politisches

    Wikipedia find ich gut, Wikileaks ist für mich besserer Bürgerjournalismus. Andere Meinung? Her damit!

    Wissen Sie noch, wie das war mit zwölf, auf dem Schulhof: das Gefühl, dass die anderen nicht nur schöner und angesagter sind als Sie, sondern auch noch hinter Ihrem Rücken über sie kichern? Sich gegen Sie verbünden? Jetzt wissen wir also, wie die Amerikaner über uns reden, genauer gesagt über unsere Politiker. Hinter unserem Rücken. Na und? Machen wir doch auch so, oder? Ich für meinen Teil erstarre nicht in Ehrfurcht vor den staatsmännischen/-frauischen Leistungen unserer Staatsleute, und ich pflege da auch kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Sie vielleicht? Und schließlich werden unsere Staatsleute gut bezahlt, so dass sie sich ein dickes Fell locker leisten können. O.k, ich weiß. Wir sind nicht das Außenministerium, wir sprechen für keine Weltmacht, sondern für uns ganz allein. Diplomaten jedoch! Müssen sich immer diplomatisch verhalten! Könnte sonst zu diplomatischen Verwicklungen führen. Zum Krieg! Ha! Glauben Sie etwa, dass Menschen, die auf der Karriereleiter nach ganz oben klettern, unterwegs persönlich und menschlich reifen? Dass demnach die, die an der Spitze stehen, ganz ohne Makel sind, die Krone der Schöpfung, der Empathie? Der Diplomatie? Ich nicht. Ich behaupte sogar, ein ähnliches Stasi-Dossier hätte auch aus dem deutschen Außenministerium schwappen können. Der Schaden entsteht ganz woanders. Wikileaks setzt nämlich Maßstäbe in punkto investigative Recherche. Dabei ist das Internet-Projekt gerade dabei, sich seinen Ruf zu versauen, indem es sich zur Plattform des Bürgerjournalismus mausert. Hier kann jeder, der Zugang zu Interna hat, diese der Welt per Mausclick mitteilen, ohne Rücksicht auf Verluste. Journalismus jedoch ist mehr als delikate Details ans Licht zu zerren, einen Sturm aus Schadenfreude und empörter Rechtschaffenheit zu entfachen und sich selbstgerecht zurückzulehnen. Und das Wissen darum geht mehr und mehr verloren, weil immer weniger Leute Qualitätsjournalismus einfordern, der ihnen gleichzeitig immer seltener geboten wird. Stattdessen schütten Medien und Netz die Leute mit Informationen zu, die an niedere Instinkte appellieren, scheinbar höchstbrisant und am nächsten Tag vergessen sind. Und was hat uns dieser aufgeblasene Schmuddelkram gebracht? Wikileaks eine Menge Klicks. Empörte Titelseiten in Boulevardmagazinen. Und mir eine kleine böse Erinnerung an ein Lebensalter, aus dem ich schon lange rausgewachsen bin.

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