Bücher schreiben, Bücher machen
Schreiben ist ...
... als würde ich mich im Wald verlaufen. Das passiert mir oft, wenn Pfifferlinge oder ein bemooster Waldboden im Sonnenlicht locken. Ein winziger Moment, der alles verändert, und dann: das Erwachen. Wo bin ich? Konzentration! Zeichen deuten! Auf ein einziges Ziel fokussieren: zurückzufinden. Das ist der Flow: Loslassen, einen Moment lang keine Kontrolle haben, Angst spüren, ja Angst. Und über sich hinauswachsen. Und am Ende etwas mitbringen, eine Erkenntnis, eine Strategie. Einen Text.
Vielleicht erzählt das Märchen von Rotkäppchen genau davon. Dass jemand uns zum Bummeln verleitet, zum (zunächst) absichtslosen Trödeln. Neinnein, bloß den Weg nicht verlassen, denn dann frisst der Wolf, der alte Schlendrian, die Großmutter und das vertrauensselige Rotkäppchen noch dazu! Schschsch, bleib ruhig! Im Märchen sind am Ende alle quicklebendig (nagut, fast alle), der Wolf hat sie zwar verspeist, aber nur bei lebendigem Leibe. Ein Schnitt und sie sind wieder da – und wahrlich, sie haben etwas zu erzählen.
Allerdings kaum in rosaroter Kirschblüten-Lyrik.
Viel schwerer ist das Veröffentlichen. Du schreibst? Wow! Was denn so? Kenne ich deinen Namen? Ich sehe meinem Gegenüber in die leuchtenden Augen und stotterte: Ähm. Erzählungen. Ein kleiner Verlag. Wirst du nicht kennen. Und Literaturzeitschriften, Ausschreibungen, Wettbewerbe, sowas eben. Einen guten Verlag zu finden, das ist wie ein Lottogewinn, nur mit viel weniger Geld, füge ich meist entschuldigend hinzu.
Jeder glaubt, schreiben zu können. Haben wir schließlich in der Schule gelernt. Doch nicht alle, die schreiben können, sind Dichter und Poeten. Und manche sind sogar Poeten und können überhaupt nicht schreiben. Als Dichterin erschreibe ich mir die Welt, und ich schaffe Welten. Aber ich schreibe auch Einkaufszettel. Ist ein Einkaufszettel eine Welt? Nun, er hat poetisches Potenzial. Alles hat poetisches Potenzial.
Es muss sich nur entfalten können.