Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan …

Rassismus, Sexismus, Gewalt gegen Schwächere, haben unsere Kultur geprägt. Endlich sind wir dafür sensibel geworden. Wird auch mal Zeit.

Kinderbuchverlage haben angekündigt, anstößige Worte in Büchern durch weniger anstößige zu ersetzen. Aus dem „Negerkönig“ in „Pippi Langstrumpf“ wird ein „Südseekönig“ und auch an die „kleine Hexe“ von Otfried Preussler soll Hand gelegt werden. Gut, dass wir endlich drüber reden. Vor einiger Zeit haben wir bei einer Familienfeier zu Ehren der hochbetagten Jubilarin ihre Lieblings-Volkslieder gesungen. Als die alte Dame und mit ihr die ganze Runde begeistert „Lustig ist das Zigeunerleben“ schmetterte, verging mir der Spaß. Mir wurde bewusst, wie tief rassistische Klischees in unser Kulturgut eingewoben sind. Auch das „Heidenröslein“ mag ich nicht, weil es meiner Meinung nach die Geschichte einer Vergewaltigung erzählt. Rassismus, Sexismus, Gewalt gegen Schwächere, haben unsere Kultur geprägt. Endlich sind wir dafür sensibel geworden. Wird auch Zeit. Trotzdem bin ich dagegen, aus Kinderbüchern anstößige, weil politisch unkorrekte Worte zu tilgen. Warum? Weil meiner Ansicht nach damit unsere Geschichte glatt gebügelt würde. Und überhaupt: Wenn schon, müsste „Pippi“ auch umbenannt werden: Der Name der kleinen Anarchistin erinnert klanglich an „Püppi“ (von Puppe) oder an „Pippi machen“ – wenn das nicht diskriminierend ist. Das Zitat: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan …“, lautet im Original: „Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen“ und stammt von Schiller.

veröffentlicht: Anke Engelmann, Dienstag, 22.01.2013

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