Kunst schafft Resilienz

Corona, Omikron: Das Gesundheitsamt hatte das kreative Schreiben im Kultur: Haus Dacheröden nicht genehmigt. Die Veranstaltung gehöre nicht zur beruflichen Bildung und werde nicht über einen Bildungsträger angeboten, sagte die Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes. »Dann darf sie nicht stattfinden.«

Ob die Veranstaltung wirklich »unumgänglich notwendig« sei, fragte sie noch einmal. Wie bitte? Kunst ermöglicht uns, uns mit dem auseinanderzusetzen, was uns einschränkt, schmerzt, bewegt und umtreibt. Kunst ist wie die Träume, in denen sich das Unterbewusste der Gesellschaft regt und Emotionen und Erfahrungen verarbeitet. Kunst stellt Identifikationen bereit, stellvertretend kann man Grenzen überschreiten und Existentielles durchleben. Kunst erzeugt Gefühle, die es uns ermöglichen, die Welt auf eine bestimmte Art zu betrachten: mit einem Filter. Mit Distanz. Kunst schafft Orte des Rückzugs in einer auf Effizienz und Markt getrimmten Gesellschaft, Nischen, in denen man entspannen und Kraft schöpfen kann. Kunst erzeugt ein Gefühl von Gemeinschaft. Kunst schafft Resilienz.

Kein Problem, die Veranstaltung digital zu anzubieten, darum geht es mir nicht. Und die Mitarbeiterin kann nichts für solche Entscheidungen. Mich erschreckt zutiefst, dass Kunst, Kultur und kulturelle Bildung anscheinend als Gedöns betrachtet werden, auf das man locker verzichten kann. Gerade das Schreiben schenkt uns Werkzeuge für die Bewältigung von Krisen, und das will ich in meinen Veranstaltungen weitergeben. Wenn alle Nischen dichtgemacht werden, die sich der Verwertungslogik entziehen – ich mag nicht über die Folgen nachdenken.

veröffentlicht: Anke Engelmann, Mittwoch, 26.01.2022

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