Spaß mit Erika

Kürzlich erhielt ich eine Mail von einem meiner Teilnehmer im Uni-Kurs »Kreatives Schreiben«. Sein Laptop war kaputt und aus Not hat er mit einer Schreibmaschine gearbeitet. Und war begeistert. »Schreibmaschinen bauen automatisch eine Achtsamkeit für das eigene Schreiben auf«, schreibt er.

Vor einiger Zeit hatte ich den Ehrgeiz, wieder mit der Schreibmaschine zu schreiben. Ich kramte meine alte Erika heraus, besorgte mir Farbband (jawohl, das gibt es noch) und tippte wild drauflos. So wie als Kind, bei meiner Oma auf der Arbeit. Wie als Jugendliche in der DDR, als ich ganze Bücher abgetippt habe – die hatte man dann wirklich gelesen. Wie in meinen ersten Studienjahren in den Neunzigern, bei Referaten und Hausarbeiten. Hat leider nicht gut funktioniert – ich arbeite gern mit dem Computer und genieße es, dass ich nicht bei jeder Änderung alles abschreiben muss. Wie haben die Schriftsteller früher eigentlich gearbeitet?

Kürzlich erhielt ich eine Mail von einem meiner Teilnehmer im Uni-Kurs »Kreatives Schreiben«. Sein Laptop war kaputt und aus Not hat er mit einer Schreibmaschine gearbeitet. Und war begeistert. »Schreibmaschinen bauen automatisch eine Achtsamkeit für das eigene Schreiben auf«, schreibt er. Mit seiner Erlaubnis stelle ich seine Erkenntnisse auf meinen Blog.

»Meine Freundin hatte mir irgendwann eine Erika geschenkt, weil sie der Meinung war, dass das gut zu mir passen würde. Sie sollte recht behalten. Schreibmaschinen bauen automatisch eine Achtsamkeit für das eigene Schreiben auf. Ich bin ein durch Selbsthass und Nihilismus durchtriebener Mensch, speziell im Schreiben. Durch die Schreibmaschine konnte ich meinen Werken Wert zuschreiben und das Eigene schätzen lernen. Sowas war mir vorher nie möglich. Wenn ich Gedichte hingekliert habe (in meiner Sauklaue) oder am PC Geschichten geschrieben habe, habe ich zunächst alles gehasst, was aus mir rauskam. Über meine Erika habe ich dann die Wertschätzung zu sich selbst und zu dem Geschaffenen erlernt. Nicht, dass meine Schriften sofort qualitativ besser wurden, aber allein der Stolz: »Ich habe was erschaffen und jetzt ist es (ansehnlich) auf Papier und das hat schon immensen Wert!« hat mir viel Kraft im Schreiben, aber auch im Persönlichen gegeben. Die Identifikation mit dem Eigenen wurde einfacher bzw. die Schritte dahin offener. […]

Das ist ein ganz kurzer Anriss von mir und meiner Erika. Ohne sie wäre das Leben schwerer aber die Nächte für die Nachbarn leiser (klimper, klimper). Akademische Texte und Arbeitstexte verfasse ich aber weiter auf dem Rechner. Die teure Reparatur muss sich ja gelohnt haben! Nein, Spaß, das hat wohl eher zeittechnische Gründe.«

veröffentlicht: Anke Engelmann, Dienstag, 28.03.2023

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