Poesie ist ...
... der besondere Blick. Erst die Perspektive, die Darstellung machen das Alltägliche besonders. Vielleicht auch nur das Wissen um die Einzigartigkeit des Erfahrenen. Jeder Einkaufszettel hat poetisches Potenzial, jeder Lustschrei, der im Hinterhof erschallt, und Graffiti sowieso.
Niemand fällt aus dem Bett und ist – hoppla – ein Künstler. Aber jeder Mensch hat das Zeug dazu, in seinem oder ihrem ganz speziellen Metier. Wir alle haben eine poetische Brille mitbekommen. Es liegt an uns, wie oft wir sie aufsetzen und tragen oder ob wir sie in einer Schublade verstauben lassen.
Damit aus dem besonderen Blick ein Kunstwerk entsteht, braucht es: Handwerk. Abstand. Sorgfalt. Demut. Ehrlichkeit. Und Talent.
Der richtige Abstand ist Voraussetzung literarischen Schreibens und gleichzeitig lässt er sich oft nur schreibend ertasten. Zu nah ist bestenfalls Tagebuch. Zu weit weg wird bestenfalls ironisch. Bei beiden ist mir zu wenig oder zu viel – Seele? Ich mag keine distanzierten Texte, keine wohl formulierte und spitz geschliffene Häme, die sich am anderen wie an einem Spiegelbild abarbeitet.
Habe ich die Liebe schon erwähnt? Poesie braucht Liebe.
Übrigens: Wo steckt denn Ihre poetische Brille? Auf der Nase? Ah, sehr gut!