Von "Ende" bis Buchladen I: Die Einreichung. Verlagsvertrag mit Voland & Quist!

Ist das Skript fertig, geht die Arbeit erst richtig los. Was passiert vom Manuskript bis zur Veröffentlichung? Darüber schreibe ich auf meinem Blog. Erste Folge: Die Einreichung

Meine Nachricht des Tages: Verlagsvertrag mit Voland & Quist unterzeichnet. So richtig kann ich es noch nicht glauben: Mein Roman »Hannes im Glück« erscheint im Frühjahr 2026. Ich bin stolz wie Bolle. So ein toller Verlag!

Die Einreichung

Jahrelang täglich in eine fremde Welt eingetaucht, mit störrischen Figuren und widerwärtigen Computerproblemen gekämpft, wenn andere im Bett oder vorm Fernseher gechillt haben. Nun ist er fertig, der Roman – und er ist ein großer Wurf. Das spürst du. Er soll nicht in der Schublade verrotten, dieser nicht! Also flugs, wie in den Ratgeberbüchern empfohlen, ein gutes Exposé erstellt (»flugs«, haha! Dazu demnächst mehr). Und dann die Verlage damit beglückt. Am besten alle. Einer wird sich schon zurückmelden, denn Gutes setzt sich durch.

Doch die Verlage, auch das steht in den Ratgeberbüchern, ersticken in unverlangt eingesandten Manuskripten. Genaue Zahlen sind schwer zu finden und was man findet, scheint wenig glaubwürdig. Ich jedenfalls stelle mir das so vor:

»Kommen Sie! Ich zeigs Ihnen.« Der Cheflektor öffnet eine unscheinbare Tür neben der Toilette. Eine nackte Glühbirne erleuchtet die fensterlose Kammer. Papier. Überall türmt sich Papier, auf dem Schreibtisch, dem Boden, den Regalen, auf jeder Ablagefläche. Staub steht in der Luft. Am Schreibtisch verschwindet ein blasser junger Mensch zwischen turmhohen Stapeln.
»Sind das alles …?«
Der Cheflektor nickt.
Das Wesen am Schreibtisch regt sich. Es fasst die losen Blätter vor sich und schichtet sie nach rechts – der Berg neigt sich bereits bedrohlich. Der Arm langt nach links, die Hand greift einen neuen, armdicken Stapel. Legt ihn ab. Schlägt die erste Seite auf. Raschelnd entflieht ein Seufzer durch die geöffnete Tür. Ein Blatt segelt nach unten. Beim Aufheben kann ich nicht umhin, die ersten Zeilen zu lesen: »Ich vertraue Ihnen mein Lebenswerk an. 35 Jahre habe ich daran gearbeitet.«
»Wir sichten alle unverlangten Einsendungen«, der Cheflektor strahlt stolz.
In einem Regal liegen vergilbte Blätter. Manche in verblasster Handschrift. Andere mit der Schreibmaschine geschrieben. Ich puste den Staub beiseite. »Thomas Mann«, entziffere ich mühsam. »Die Buddenbrooks. 1899.«
1899?
»Das ist …, das ist …«
»Uralt. Geben Sie her. Ich werfe das gleich weg. Wir machen zur Zeit sowieso nur Young Adult.«

Aha. Ein Konzernverlag. Und wie sieht die Realität aus?

Eine durchschnittliche Zahl von Einreichungen anzugeben ist schwer. Die großen Verlage bekommen mehr als die kleinen. Und natürlich reichen Profis ihr Skript bei mehr als einem Verlag ein. Unter den Einsendungen findet sich vieles, was gleich aussortiert wird, weil es nicht ins Programm passt, weil es keine literarische Qualität aufweist oder weil es sich um irgendeinen Schrott von irgendeinem Spinner handelt.

Bei Voland & Quist trudeln täglich etwa ein bis drei Einreichungen ein – im Monat sind das 30 bis 90 potentielle Bücher. Eine Literaturagentin, bei der ich Ende 2023 ein Seminar besucht habe, sprach von 30 Einreichungen. Täglich. Insgesamt 900 im Monat. Davon würde die Agentur eine, maximal zwei interessierten Verlagen anbieten. Anbieten! Im Jahr! Bei solchen Zahlen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass einem Verlag ein unverlangt eingesandtes Manuskript positiv auffällt und er ihm tatsächlich einen Platz im Programm einräumt. Zumal die meisten inzwischen mit Literaturagenturen arbeiten. Ein Lektor des Aufbau-Verlages erinnert sich, dass in den sechs Jahren seiner Tätigkeit zwei Einsendungen als Buch veröffentlicht worden seien.

Wenn Schriftsteller von einem Lottogewinn sprechen, dann meinen sie einen Verlagsvertrag. Und zwar bei einem renommierten Verlag, nicht einem, bei dem man die Bücher selbst in den Buchladen tragen muss oder den man gar für sein Kerngeschäft bezahlen muss. Genau das ist mir passiert. Zufall? Und ein Exposé, das blitzt und ein Manuskript, das sofort begeistert hat.

veröffentlicht: Anke Engelmann, Montag, 20.01.2025 in Aktuell, Schreiben

Diese Seite teilen