Poesieblog
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Von »Ende« bis Buchladen III: Das Lektorat
Verlagsvertrag? Ich hatte Glück. Der Verlag Voland & Quist hat meinen Hannes ins Programm genommen. Doch wie kommt man dahin? Was braucht man dafür? Dazu in Teil drei erste Erfahrungen mit dem Lektorat.
Der Ton stimme nicht, sagte der Lektor Helge Pfannenschmidt. Man müsse dem Protagonisten bis zum Ende folgen, dafür müsse er einem sympathisch sein. Und Hannes, mein Protagonist, gebe oft nur irgendwelche Stanzen und abgehangenen Redensarten von sich. Ich schielte zum Verleger, der am Anfang der ersten Lektoratsrunde mit dabei saß. Bereute er seine Entscheidung schon? Würde er den Vertrag zerreißen, mit einem: »Tut mir leid, wir haben uns getäuscht!«
Am Ende war es doch nicht so schlimm. Die Sache mit dem Ton lässt sich bereinigen, wenn ich hier und da ein wenig rausnehme und die leeren Worthülsen sparsamer dosiere. Denn dass mein Held manchmal hölzern wie ein Polizeibericht klingt, hat auch eine Funktion: Er redet vorzugsweise dann verschraubt, wenn ihm etwas besonders unter die Haut geht. Dass die Leserinnen und Leser Hannes seine Großmäuligkeit und Hypochondie nicht übelnehmen, sondern sie als Verletztheit und Schutzhaut interpretieren, wird ein schwieriger Balanceakt. Und ganz sicher wird das nicht alle ansprechen, die das Buch lesen (sollen).
In einigen Punkten fehlte mir Klarheit. Helge hat mir auf den Weg geholfen! Geholfen, nicht gezeigt! Vielen Dank! Die Arbeit hat mich sehr inspiriert. Inzwischen sind noch einige entzückende Passagen entstanden, mit denen ich Verständnislücken geschlossen habe. Zum Beispiel über die Erfurter Mitropa. Selbstbedienung! Bahnsteig fünf! Auch mit meinem Ende war ich selbst noch nicht ganz zufrieden, auch das ist mir nun klarer. Schließlich soll das nicht kitschig werden, obwohl, ein bisschen Gefühligkeit zum Ausklang …
Wir haben lange gesessen und weniger als ein Drittel geschafft. Heute folgt die zweite Runde. Ich bin sehr gespannt!
Literaturempfehlungen
Für Autorinnen und Autoren:
Hans Peter Roentgen: Was dem Lektorat auffällt. Sieben Verlag Groß-Umstadt, 2019
Handbuch für Autorinnen und Autoren (8. Auflage) Uschtrin Verlag, Inning am Ammerseee 2015Für Lektoren und Lektorinnen:
Leitfaden freies Lektorat (Verband der freien Lektorinnen und Lektoren). Bramann Verlag, Frankfurt a.M., 2023Freischaltung: 22.04.2025, 00:00 / Anke Engelmann in Aktuell, Schreiben
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Von "Ende" bis Buchladen I: Verlag finden
Ist das Skript fertig, geht die Arbeit erst richtig los. Was passiert vom Manuskript bis zur Veröffentlichung? Darüber schreibe ich auf meinem Blog. Erste Folge: Die Einreichung
Meine Nachricht des Tages: Verlagsvertrag mit Voland & Quist unterzeichnet. So richtig kann ich es noch nicht glauben: Mein Roman »Hannes im Glück« erscheint im Frühjahr 2026. Ich bin stolz wie Bolle. So ein toller Verlag!
Die Einreichung
Jahrelang täglich in eine fremde Welt eingetaucht, mit störrischen Figuren und widerwärtigen Computerproblemen gekämpft, wenn andere im Bett oder vorm Fernseher gechillt haben. Nun ist er fertig, der Roman – und er ist ein großer Wurf. Das spürst du. Er soll nicht in der Schublade verrotten, dieser nicht! Also flugs, wie in den Ratgeberbüchern empfohlen, ein gutes Exposé erstellt (»flugs«, haha! Dazu demnächst mehr). Und dann die Verlage damit beglückt. Am besten alle. Einer wird sich schon zurückmelden, denn Gutes setzt sich durch.
Doch die Verlage, auch das steht in den Ratgeberbüchern, ersticken in unverlangt eingesandten Manuskripten. Genaue Zahlen sind schwer zu finden und was man findet, scheint wenig glaubwürdig. Ich jedenfalls stelle mir das so vor:
»Kommen Sie! Ich zeigs Ihnen.« Der Cheflektor öffnet eine unscheinbare Tür neben der Toilette. Eine nackte Glühbirne erleuchtet die fensterlose Kammer. Papier. Überall türmt sich Papier, auf dem Schreibtisch, dem Boden, den Regalen, auf jeder Ablagefläche. Staub steht in der Luft. Am Schreibtisch verschwindet ein blasser junger Mensch zwischen turmhohen Stapeln.
»Sind das alles …?«
Der Cheflektor nickt.
Das Wesen am Schreibtisch regt sich. Es fasst die losen Blätter vor sich und schichtet sie nach rechts – der Berg neigt sich bereits bedrohlich. Der Arm langt nach links, die Hand greift einen neuen, armdicken Stapel. Legt ihn ab. Schlägt die erste Seite auf. Raschelnd entflieht ein Seufzer durch die geöffnete Tür. Ein Blatt segelt nach unten. Beim Aufheben kann ich nicht umhin, die ersten Zeilen zu lesen: »Ich vertraue Ihnen mein Lebenswerk an. 35 Jahre habe ich daran gearbeitet.«
»Wir sichten alle unverlangten Einsendungen«, der Cheflektor strahlt stolz.
In einem Regal liegen vergilbte Blätter. Manche in verblasster Handschrift. Andere mit der Schreibmaschine geschrieben. Ich puste den Staub beiseite. »Thomas Mann«, entziffere ich mühsam. »Die Buddenbrooks. 1899.«
1899?
»Das ist …, das ist …«
»Uralt. Geben Sie her. Ich werfe das gleich weg. Wir machen zur Zeit sowieso nur Young Adult.«Aha. Ein Konzernverlag. Und wie sieht die Realität aus?
Eine durchschnittliche Zahl von Einreichungen anzugeben ist schwer. Die großen Verlage bekommen mehr als die kleinen. Und natürlich reichen Profis ihr Skript bei mehr als einem Verlag ein. Unter den Einsendungen findet sich vieles, was gleich aussortiert wird, weil es nicht ins Programm passt, weil es keine literarische Qualität aufweist oder weil es sich um irgendeinen Schrott von irgendeinem Spinner handelt.
Bei Voland & Quist trudeln täglich etwa ein bis drei Einreichungen ein – im Monat sind das 30 bis 90 potentielle Bücher. Eine Literaturagentin, bei der ich Ende 2023 ein Seminar besucht habe, sprach von 30 Einreichungen. Täglich. Insgesamt 900 im Monat. Davon würde die Agentur eine, maximal zwei interessierten Verlagen anbieten. Anbieten! Im Jahr! Bei solchen Zahlen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass einem Verlag ein unverlangt eingesandtes Manuskript positiv auffällt und er ihm tatsächlich einen Platz im Programm einräumt. Zumal die meisten inzwischen mit Literaturagenturen arbeiten. Ein Lektor des Aufbau-Verlages erinnert sich, dass in den sechs Jahren seiner Tätigkeit zwei Einsendungen als Buch veröffentlicht worden seien.
Wenn Schriftsteller von einem Lottogewinn sprechen, dann meinen sie einen Verlagsvertrag. Und zwar bei einem renommierten Verlag, nicht einem, bei dem man die Bücher selbst in den Buchladen tragen muss oder den man gar für sein Kerngeschäft bezahlen muss. Genau das ist mir passiert. Zufall? Und ein Exposé, das blitzt und ein Manuskript, das sofort begeistert hat.
Freischaltung: 20.01.2025, 00:00 / Anke Engelmann in Aktuell, Schreiben
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Heiße Säge: Heute fallen die Ulmen
Wieder müssen alte Bäume in der Weimarer Innenstadt gefällt werden: die uralten Flatterulmen in der Gropiusstraße
Wie lange dauert es, bis ein Baum groß und kräftig ist? Und wie schnell wird er gefällt!
Nachdem gestern durch den Sturm eine der uralten Flatterulmen an der Weimarer Jenaplanschule (Gropiusstraße) umgefallen ist, werden nun kurzerhand die anderen gefällt. Und das, obwohl sie den Sturm überlebt haben und also u.U. noch kräftig sind. Dem Artikel in der heutigen TLZ war nicht zu entnehmen, ob es ein Gutachten gibt und ob die Bäume tatsächlich eine Gefahr darstellen. Am besten, man fällt alle alten Bäume in der Stadt! Und ich lasse mir demnächst alle Zähne ziehen, weil das der beste Schutz vor Karies ist.
Über die Stadtbäume in Weimar schreibe ich auf Literaturland Thüringen.
Freischaltung: 18.02.2022, 00:00 / Anke Engelmann in Aktuell, Wege durch die Stadt