Poesieblog

  • Schreibbericht Textwurm

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Mittwoch, 12.09.2018 in Poesie-Debatte, Schreiben

    Noch windet er sich, der Textwurm, schillert und glänzt, manchmal hebt sich der Kopf mit den gelben Augen, manchmal die Schwanzspitze.

    Ich überblicke nicht das Ganze, nur ein wogendes, beängstigendes und unsagbar schönes Geschlinge, armdick und muskulös. Irgendwann wird der Kopf hochschnellen und ich fürchte mich davor und vor dem Blick der klugen Echsenaugen.

    (ähm)

  • Freitag, der 13.

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Freitag, 13.11.2015 in Poesie-Debatte

    Aberglaube Aberglaube. Vierblättriges Kleeblatt, Lieschen fand's am Rain ...

    Aberglaube
    Vierblättriges Kleeblatt: Lieschen fand’s am Rain.
    Vor Freude, es zu haben
    Sprang Lieschen über’n Graben
    Und brach ihr bestes Bein.

    Spinnelein am Morgen: Lieschen wurd’ es heiß.
    Der Tag bracht’ keinen Kummer,
    Und abends vor dem Schlummer,
    Bracht’ Vater Himbeereis.

    Der Storch bringt nicht die Kinder,
    Die Sieben bringt kein Glück.
    Und einen Teufel gibt es nicht in uns’rer Republik!

    Dieses wunderbare Zeugnis DDR-deutscher Poesie stammt (na?) von Bertold Brecht (wer hätte das gedacht!) und geistert seit der dritten Klasse in den Kammern meines Gedächtnisses umher. Heute, am Freitag, dem 13. November 2015, hat es die Nase ins Licht gesteckt und wird an dieser Stelle allen angstbefangenen Abergläublingen präsentiert. Und wenn ich die Zeilen dem Reim gemäß umbreche: Ist es gar ein Sonett? Ein nicht ganz vollendetes?

    Nachtrag: Nach den Ereignissen dieses Abends (Charlie Hebdo) mag ich über Aberglauben nicht mehr scherzen.

  • Verdauung und Verdauerung

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Donnerstag, 14.07.2011 in Gutes Deutsch, Poesie-Debatte

    Schreiben ist Verdauung und Verdauerung. Wer schreibt bleibt. Wer nicht schreibt, auch. Aber nicht so lange.

    Der Prozess der Verschriftlichung von Gedanken und Absichten, die Objektivierung der eigenen Erfahrungen ist ein Durcharbeiten, eine Gärung. Die LeserInnen bekommen nur das Ergebnis zu sehen, den Prozess können sie oft nicht nachvollziehen, ja, er ist ihnen meist nicht einmal bewusst.

    Leseempfehlung: Johannes Berning. Schreiben als Wahrnehmungs- und Denkhilfe

  • Poesiedebatte

    veröffentlicht: Anke Engelmann, Montag, 14.03.2011 in Poesie-Debatte

    Was ist Kunst? Was ist Poesie?

    Poesie ist der besondere Blick. Erst die Perspektive, die Darstellung machen das Alltägliche besonders. Vielleicht auch nur das Wissen um die Einzigartigkeit des Erfahrenen. Jeder Einkaufszettel hat poetisches Potenzial, jeder Lustschrei, der im Hinterhof erschallt, und Graffiti sowieso. Niemand fällt aus dem Bett und ist - hoppla - ein Künstler. Aber jeder Mensch hat das Zeug dazu, in seinem oder ihrem ganz speziellen Metier. Wir alle haben eine poetische Brille mitbekommen. Es liegt an uns, wie oft wir sie aufsetzen und tragen oder ob wir sie in einer Schublade verstauben lassen. Damit aus dem besonderen Blick ein Kunstwerk entsteht, braucht es: Handwerk. Abstand. Sorgfalt. Demut. Ehrlichkeit. Und Talent. Der richtige Abstand ist Voraussetzung literarischen Schreibens und gleichzeitig lässt er sich oft nur schreibend ertasten. Zu nah ist bestenfalls Tagebuch. Zu weit weg wird bestenfalls ironisch. Bei beiden ist mir zu wenig oder zu viel - Seele? Ich mag keine distanzierten Texte, keine wohl formulierte und spitz geschliffene Häme, die sich am anderen wie an einem Spiegelbild abarbeitet. Habe ich die Liebe schon erwähnt? Poesie braucht Liebe. Übrigens: Wo steckt denn Ihre poetische Brille? Auf der Nase? Ah, sehr gut!

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