Poesieblog
-
Was ist wohl in Sibylle Lewitscharoff gefahren? Als Schriftstellerin muss sie wissen, welche Macht die Worte haben. Persönliche Betroffenheit darf nie zu Abwertung führen – eine so versierte Autorin muss verantwortungsvoll mit der Sprache umgehen. Wer sich selbst ein Bild machen will – hier ist die Rede im Wortlaut.
veröffentlicht: 07.03.2014 / Anke Engelmann in Politisches, Schreiben
-
Mein Sauerteig-Gleichnis
Literarisches Schreiben ist wie Sauerteig ziehen und Brot backen: Das geht nicht mit Wasser oder Spucke. Man braucht Handfestes, Mehl, Salz und andere Zutaten, braucht Zeit und ein Ofen sollte auch bereitstehen. Nur mit Phantasie kann man keine Geschichten schreiben
Literarisches Schreiben ist wie Sauerteig ziehen und Brot backen: Das geht nicht mit Wasser oder Spucke. Man braucht Handfestes, Mehl, Salz und andere Zutaten, braucht Zeit und ein Ofen sollte auch bereitstehen. Nur mit Phantasie kann man keine Geschichten schreiben – Material ist nötig, Personen, Situationen oder Eindrücke, die man aufeinander wirken und miteinander reagieren lässt. Gewürzt mit dem, was dem/der Autorin eigen ist, gärt die Masse wie Sauerteig, wirft Blasen, geht auf. Sie wird gefüttert und gewärmt, so dass die Bestandteile ineinander verschmelzen, nicht mehr zu trennen sind und etwas völlig Neues entsteht. Bevor er gebacken werden kann, muss der Teig gewalkt und geknetet werden. Er muss ruhen und reifen. Immer wieder. Arbeit und Muße. Walken und Reifen. Nur ein gereifter Teig wird im Ofen ein gutes Brot. Und die Phantasie? Pah! Nur eine von vielen Zutaten! Anmerkung: Sauerteig, sein Reifen und seine Verarbeitung – dieses Bild haben viele Autoren im Mittelalter und der Renaissance als Gleichnis angeführt. Ich selbst habe einmal eine entsprechende Textstelle des Arztes und Alchimisten Theophrastus Bombastus von Hohenheim, auch Paracelsus genannt, ins moderne Deutsch übertragen.veröffentlicht: 19.02.2014 / Anke Engelmann in Schreiben · 3 Kommentare
-
sind die sächsischen Wörter 2013. "Forhohnebibeln", so im Original, gibt es auch in Thüringen, ich würde es allerdings schreiben wie in der Überschrift: verhohnepiepeln. Schönes Wort, das!
veröffentlicht: 04.10.2013 / Anke Engelmann in Gutes Deutsch
-
Wie steigert man einen Superlativ? Die Jugendsendung Clipster im Fernsehsender einsFestival gibt Nachhilfe: super - superer (am supersten? oder am superersten?) Hit - hitiger (am hitigsten?) Poesiebüro meint: Das ist noch clipsterer als clipstig! Nix für ungut!
veröffentlicht: 30.09.2013 / Anke Engelmann in Gutes Deutsch
-
Die “Herr Professorin”-Kreuzritter
Dass sich engherzige Fanatiker besonders gern auf Demokratie und Meinungsfreiheit berufen, ist weit verbreitet, aber immer wieder verblüffend. Bestimmte Triggerpunkte lassen diese Leute aufschreien. Spiegel Online, der die falsche Verkürzung "Herr Professorin" in die Welt gesetzt hat, hat einen solchen Punkt getroffen, mit einer Meisterschaft, wie sie gewöhnlich nur die Bild-Zeitung beherrscht.
Dass sich engherzige Fanatiker besonders gern auf Demokratie und Meinungsfreiheit berufen, ist weit verbreitet, aber immer wieder verblüffend. Bestimmte Triggerpunkte lassen bestimmte Leute aufschreien. Spiegel Online, der die falsche Verkürzung "Herr Professorin" in die Welt gesetzt hat, hat einen solchen Punkt getroffen, mit einer Meisterschaft, wie sie gewöhnlich nur die Bild-Zeitung beherrscht. Ich jedenfalls hab sie satt, die „Herr Professorin“-Diskussionen, die Aufreger über die sprachlichen Regelungen an der Universität Leipzig sowie in Potsdam. Dieser Geifer! Diese Wut! Eine sprachliche Diktatur, die man nur mit der Stasi vergleichen könne, ein „Sind wir jetzt schon wieder so weit, ja?!“, gefolgt von einem „Das muss man ja noch sagen dürfen! Immerhin haben wir Meinungsfreiheit!“ Meinem Gesprächspartner von letzter Woche möchte ich hiermit folgende Klarstellung ans Herz legen: Die „Verweiblichung“ der Anredeformen betrifft ein einziges Dokument: die Grundordnung der Universität. Im Alltag der Studierenden wird sich nichts verändern, so eine Erklärung der Uni. Es bleibt also bei "Herr Professor" und "Frau Professorin". Die Gefahr, dass eine Magisterarbeit (die jetzt übrigens Master-Arbeit heißt) wegen einer falschen Anrede abgelehnt wird, besteht also definitiv nicht. Trotzdem: Gut, dass wir drüber geredet haben! Zum Nachlesen: Bildblog Nachtrag: Ein Interview mit der Linguistin Luise Puschveröffentlicht: 30.07.2013 / Anke Engelmann in Gutes Deutsch, Politisches
-
Eine neue Lyrikform: Die Google-Gedichte. Mehr dazu auf Twitter
veröffentlicht: 28.05.2013 / Anke Engelmann in Fundstücke
-
Frühlingszauber
Schon wieder Schnee! Kalt isses! Das Wetter zehrt an den Nerven! Und an meiner guten Laune! Jetzt ist es Zeit, den Frühling herbeizurufen. Und zwar mit einem Gedicht-Zauber: Der Osterspaziergang
Schon wieder Schnee! Kalt isses! Das Wetter zehrt an den Nerven! Und an meiner guten Laune! Jetzt ist es Zeit, den Frühling herbeizurufen. Und zwar mit einem Gedicht-Zauber: Vom Eise befreit sind Strom und Bäche Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungsglück; Der alte Winter, in seiner Schwäche, Zog sich in rauhe Berge zurück. Von dort her sendet er, fliehend, nur Ohnmächtige Schauer körnigen Eises In Streifen über die grünende Flur. Aber die Sonne duldet kein Weißes, Überall regt sich Bildung und Streben, Alles will sie mit Farben beleben; Doch an Blumen fehlts im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür. Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurück zu sehen! Aus dem hohlen finstern Tor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden: Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, Aus der Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht. Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge Durch die Gärten und Felder zerschlägt, Wie der Fluß in Breit und Länge So manchen lustigen Nachen bewegt, Und, bis zum Sinken überladen, Entfernt sich dieser letzte Kahn. Selbst von des Berges fernen Pfaden Blinken uns farbige Kleider an. Ich höre schon des Dorfs Getümmel, Hier ist des Volkes wahrer Himmel, Zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein! (Johann Wolfgang von Goethe, Faust I) Gehören Sie auch zu den Menschen, denen die ollen Goethe-Verse beim ersten Frühlingsspaziergang wie von selbst von den Lippen tropfen? Immer wieder schön, oder? Und jetzt, Frühling, nu komm auch, Du!veröffentlicht: 21.03.2013 / Anke Engelmann in Wege durch die Stadt
-
Dürfen Interviewte die Interviews vor der Veröffentlichung lesen und "anpassen"? Hierzulande ist diese Praxis gang und gäbe. Doch einen Rechtsanspruch aufs Gegenlesen gibt es nicht. Noch nicht? Hintergründe beleuchtet ein Beitrag auf dem Blog des Journalisten Peter Hossli.
veröffentlicht: 19.03.2013 / Anke Engelmann in Fundstücke
-
A.C.A.B.
Ich rege mich jedesmal auf, wenn wieder ein Depp irgendwo sein A.C.A.B. hinterlassen hat. Erstens kann ich es nicht leiden, wenn eine ganze Personengruppe pauschal abgewertet wird. Und außerdem ist das Wort „Bastard“ konservativ und frauenfeindlich – beschimpft werden nicht die Polizisten selbst, sondern ihre Mütter.
all cops are bastards, kurz A.C.A.B. ist eine von diesen kryptischen Jugendsubkulturen-Geheimcodes, die gesprayt an Häuserwänden stehen und Eingeweihte zu einem: „Ah, einer von uns war hier“ einlädt. Allerdings kann man dessen nie sicher sein: Das Akronym wird von allen möglichen Gruppen benutzt: Rocker, Punks, rechts, links ... Die Markenrechte an dem Begriff hält übrigens die Klamottenfirma Troublemaker, die vor allem bei Neonazis und Rockern beliebt ist.
Das Wort „Bastard“ ist konservativ und frauenfeindlich – beschimpft werden nicht die Polizisten selbst, sondern ihre Mütter. Ein Bastard ist nämlich ein illegitimes Kind, das nicht aus einer ehelichen Beziehung stammt. Anders gesagt: Der Vater ist nicht der Ehemann der Mutter und die demzufolge von zweifelhafter Moral. Sowas wie: Deine Mutter war eine Hure. Also ich schlage da einen anderen Geheimcode vor, zum Beispiel: Some Taggers Are Stupid (S.T.A.S.) (manche Sprayer sind doof). Nix für ungut.
veröffentlicht: 08.03.2013 / Anke Engelmann in Politisches
-
Schade, Herr Paczulla!
Eigentlich würde ich an dieser Stelle einen Link zu einem Artikel in der (7.3.2013) Thüringer Allgemeinen setzen. Aber weil ich als Poesiebüro auch ein gewerblicher Anbieter bin und wir das neue Leistungsschutzrecht haben, trau ich mich nicht.
Mir hat ein Artikel ausnehmend gut gefallen (und das kommt in der TA eher selten vor, abgesehen von den Kolumnen von Henryk Goldberg). Diesmal jedoch hat Volkhard Paczulla eine köstliche und völlig un-TA-typische Glosse veröffentlicht. Aber weil ich als Poesiebüro auch ein gewerblicher Anbieter bin und wir das neue Leistungsschutzrecht haben, trau ich mich nicht.
Nachtrag: Das ist natürlich Blödsinn. Auch nach dem LSR darf weiter verlinkt werden.
veröffentlicht: 07.03.2013 / Anke Engelmann in Gefunden
-
Die nationale Armutskonferenz hat eine Liste mit sozialen Unwörtern gesammelt, also Begriffen, die diskriminierend sind oder diskriminierende Untertöne haben. Übertriebene Sprachkritik kann ich dabei nicht entdecken – ebensowenig wie Alexander Lasch in seinem interessanten Blog.
veröffentlicht: 04.03.2013 / Anke Engelmann in Politisches, Sprachpolitik
-
ist es also doch passiert: Der Bundestag hat heute das umstrittene Gesetz zum Leistungsschutzrecht verabschiedet. Damit wollen Verlage ein Stückchen vom Google-Kuchen: Künftig sollen gewerbliche Anbieter wie Suchmaschinen (oder das Poesiebüro) zahlen, wenn sie Auszüge von Artikeln (Snippets) zitieren.
Text der Gesetzesvorlageveröffentlicht: 01.03.2013 / Anke Engelmann in Schreiben
-
Die Formulierungen klingen harmlos, aber sie haben es in sich. Mit seinem aktuellen Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die Auskunftspflicht der Behörden und damit die Pressefreiheit beschnitten, meint der DJV-Vorsitzende Michael Konken im ND-Interview.
veröffentlicht: 22.02.2013 / Anke Engelmann in Fundstücke
-
Schüttelreime …
Die Lebenslaster eines Lastenhebers sind Leberhasten und des Lebens Laster. Das Leben hasst er und voll Hast erlebt er's.
... sind geschüttelte Reime. Wie dieser hier (Eigenproduktion): Die Lebenslaster eines Lastenhebers sind Leberhasten und des Lebens Laster. Das Leben hasst er und voll Hast erlebt er's.veröffentlicht: 22.02.2013 / Anke Engelmann in Schreiben
-
Einen Einblick in die Arbeitsweise von Journalisten gibt der Beitrag von Sebastian Heiser im tazblog. Journalisten müssen vereinfachen und zusammenfassen. Die hohe Kunst besteht darin, dabei nicht zu werten oder Inhalte zu verfälschen.
veröffentlicht: 18.02.2013 / Anke Engelmann in Fundstücke